Zusätzliche Informationen

Zusätzliche Studien zum besseren Kenntnis

  1. Krampfadern
  2. Beinguss als Schutzfaktor
  3. Venenleiden sind keine Bagatelle-Erkrankungen
  4. Ein informativer Blick auf diesem Volksleiden
  5. Hauptfaktor ist Bewegung
  6. I. Tiefere und umfangsreichere Studie über Phlebologie
  7. II. Tiefere und umfangsreichere Studie über Phlebologie
  8. Letztes Wort über Venopathien

Krampfadern

Alles andere als Krampf
Krampfadern können sehr schmerzhaft sein.
Müde, schwere Beine und ziehende Schmerzen in Ober- und Unterschenkel kennen vor allem Menschen, die beruflich lange stehen müssen. Langes stehen in gleichbleibender Haltung, Schwangerschaft, aber auch erbliche Veranlagung können Auslöser für die Entstehung von Krampfadern sein. Doch mit Krampf hat diese Erkrankung nicht zu tun. Auch sind es nicht alles Adern, die anschwellen, sondern Venen, d. h. Blutgefäße, die das Blut zum Herzen zurücktransportieren. Entstanden ist der Name aus dem Volksmund, der diese Erscheinung früher „Krummadern“ nannte.
Medizinisch gesehen sind Krampfadern erweiterte, funktionsuntüchtige Venen, in denen das Blut leicht versackt und liegen bleibt. Bildlich kann man sich das so vorstellen. In den Venen sorgen Klappen dafür, dass das Blut portionsweise zum Herzen zurückgepumpt wird. Eine wichtige Funktion beim Weiterpumpen haben nicht nur die Gefäße und ihre Elastizität, sondern auch die Muskelbewegung der Beine. Deshalb führt beruflich bedingtes langes Stehen oft zu Krampfadern an den Beinen. Befinden sie sich im Bereich des Afters oder Mastdarms, nennt man sie Hämorrhoiden. Hier sind meist eine sitzende Tätigkeit und ererbte schwache Gefäße die Ursache.
Wenn Krampfadern Beschwerden verursachen, sollte man sie unbedingt behandeln. Dann sind nämlich oft nicht nur die deutlich sichtbaren Venen funktionsuntüchtig, sondern auch die Arterien. Besonders unangenehm ist das Gefühl, dicke aufgequollene Beine zu haben. Die Ursache hierfür sind Wasseransammlungen im Gewebe. Die überlasteten Gefäße halten dem ständigen Druck des gestauten Blutes nicht mehr stand und werden durchlässiger für Blutflüssigkeit. Wenn große Venen nicht behandelt werden, kann es sogar zu Geschwüren kommen.
In der Haut der Unterschenkel kann es zu Ekzemen an den Beinen oder Venenentzündungen. Diese sogenannten „offenen Beine“ schmerzen stark und heilen nur langsam. Außerdem wird durch das versacken des Blutes der Kreislauf aus dem Gleichgewicht gebracht, so dass man sich allgemein schlecht fühlt.
In Deutschland leiden einer von etwa vier Männern und jede zweite Frau über vierzig an Krampfadern. Für die Frau kommt neben der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch ein kosmetisches Problem hinzu. Krampfadern verunstalten die Beine und können so auch zu einer psychischen Belastung werden.
Leider verschwinden Krampfadern nicht wieder von allein. Und bevor sie sich überall breit machen und schmerzen, soll man zum Arzt gehen. Mit der Kombination verschiedener Methoden kann er die Beschwerden lindern und die Entstehung neuer Krampfadern einschränken. Kleinere Venen können durch „Veröden“ zum verschwinden gebracht werden. Dabei wird eine gerinnungsfördernde Lösung gespritzt. Das Veröden ist aber keine Garantie für eine dauerhafte Beseitigung der Krampfadern. Sie können sich wieder neu bilden.
Man kann selbst an einer Besserung mitarbeiten und die Therapie unterstützen. Experten raten deshalb:

Wenn große Krampfadern schlimme Beschwerden oder einen psychischen Leidendruck auslösen, sollten sie operativ entfernt werden.
Ärzte Zeitung, 7. Dezember 1989
Phlebologie/Prophylaxe und Therapie von Venenerkrankungen und Beinleiden

Täglich kalter Beinguss schützt Venen


Den wichtigsten Teil zu jeder Venentherapie muss der Patient selbst beitragen. Auch nach einer Stripping-Operation, hängt der Erfolg maßgeblich von seiner Kooperation ab, ob er seine Lebensführung ändert und „venenbewusst“ lebt.
„Beratung und Aufklärung in jeder Therapie“, erklärte Dr. Dagmar Berg aus Ulm bei einem Presse-Seminar über Venenkrankungen und Beinleiden in Grönenbach. Bei 80 % der Venenleiden handle es sich um eine angeborene Bindegewebsschwäche, die nicht kausal geheilt werden könne und mit der der Patient leben müsse.
Als Lebensregel für Venenkranke nannte die Ulmer Expertin, jeden Tag mit kalten Beingüssen zu beginnen. Dabei sollte man sich allerdings nicht an die Details hochziehen mit Angaben, wie 18 Grad kaltes Wasser und den Wasserstrahl von oben nach unten zu führen, sondern sich an der Realität der Patienten orientieren. Wichtig sei der tägliche Kältereiz für die Beinvenen, betonte Berg. Habe der Patient keine Dusche, genüge es die Beine einmal täglich in einen Wassereimer mit kaltem Wasser zu stellen. Nach drei Monaten lasse sich die Venenfunktion durch diese rein physikalische Maßnahme um 18 % verbessern. Damit verschwänden die Beschwerden zwar nicht völlig, die Beinschwellungen nähmen aber ab und die sukzessive Verschlechterung könnte aufgehalten werden.
Als weitere Lebensregel nannte Berg das Meiden von Wärme – keine heißen Wannenbäder – und das konsequente Hochlagern der Beine auch nachts beim Schlafen. Hier gab die Expertin den Tipp, das Bettende auf Backsteine zu stellen, da kaum ein Patient ein verstellbares Bett besitze. Wichtig sei auch, die Patienten zur Hautpflege der trophisch gestörten Beine anzuleiten: „Nicht der Magen, sondern die Haut brauche Fett“, sagte Berg. Bei empfindlicher Haut solle man Babyöl oder Penatencreme verwenden.
Beitrage der Süddeutschen Zeitung Nr. 197

Venenleiden sind keine Bagatelle Erkrankungen

1. Training hilft
Ergebnisse der letzten SZ - Telephonaktion, von Lilo Berg
Wer Zahnschmerzen hat geht zum Zahnarzt, und wer ein Ekzem bekommt, geht zum Hautarzt. Wohin aber geht man, wenn man Krampfadern oder ein anderes Venenleiden hat? Das war eine der am häufigsten gestellten Fragen bei der letzten SZ Telephonaktion am 19. April. In der Bundesrepublik werden keine Fachärzte für Phlebologie (Venenerkrankungen) ausgebildet. Dieses Gebiet wird von Dermatologen, Gynäkologen, Chirurgen sowie von Fachärzten für Gefäßerkrankungen und Innere Medizin mit abgedeckt. Auch die Allgemeinmediziner haben häufig mit Venenleiden zu tun. Aus den Kommentaren der SZ – Leser zum bestehenden Behandlungsangebot sprach viel Unsicherheit und Unzufriedenheit: „Ich habe eine Jahrelange Odyssee von Spezialisten hinter mir und keiner konnte mir so recht helfen“ oder „Mein Hautarzt nimmt meine Krampfadern nicht ernst. Für ihn sind sie nur ein kosmetisches Problem.“
Venenleiden, am bekanntesten sind Krampfadern (Varizen), sind keine Bagatelle und weit mehr als nur ein ästhetisches Handikap (auch das kann erste psychische Konsequenzen nach sich ziehen). Die Auswirkungen reichen von schmerzhaften Stoffwechselstörungen und Geschwüren bis hin zu lebensgefährlichen Thrombosen und zur Lungenembolie. Die beiden Fachleute an den SZ – Telephon stärkten das Wissen über diese Zusammenhänge und vor allem auch das Selbstbewusstsein der Anrufer. Andreas Gerike, Spezialist für Venenerkrankungen aus Traunstein und die Münchner Medizinjournalistin Maria Elisabeth Lange Ernst (sie hat kürzlich ein Buch über Hilfen und Vorbeugungen bei schweren Beinen, Krampfadern und Venenerkrankungen veröffentlicht) gaben drei Stunden pausenlos Ratschläge und Hinweise über Behandlungs- und Vorbeugungsmöglichkeiten. Bei der Aktion wurde die persönliche Dimension dieses wenig beachteten Volksleidens deutlich und vor allem der enorme Leidensdruck, den viele Betroffene empfinden „Die Unbekenntnis mancher Ärzte ist erschreckend. Leider resignieren viele Patienten und glauben, sie könnten nichts an ihrem Schicksal ändern“, sagte Frau Lange Ernst.
Abfinden muss man sich allerdings mit einer familiär bedingten Veranlagung für Venenleiden, die mit einer allgemeinen Bindegewebsschwäche einhergeht: „Wenn beide Eltern Venenerkrankungen haben, erben die Kindern diese Anlage mit 70 % Wahrscheinlichkeit. Wenn nur ein Elternteil betroffen ist, liegt die Erblichkeit bei 40 %“, erläuterte Andreas Gericke am Telephon. Fehlt die genetische Disposition, dann werden auch keine Venenerkrankungen auftreten, selbst bei nicht so großen Belastungen.
„Venenkrankheiten entwickeln sich sehr langsam“, betonte Frau Lange Ernst als Vorbeugungsexpertin immer wieder. Sie empfahl venengerechtes Verhalten von Kindesbeinen an. Dazu gehören vor allem eine ausgiebige Bewegung und eine ballaststoffreiche, vollwertige Kost. Unsere sitzende Lebensweise ist Gift für die Venen. Wenn Übergewicht und Schwangerschaften dazukommen, sind Krampfadern oft unausweichlich“, sagten die Fachleute.

2. Training hilft
Venenschwache sollten außerdem möglichst auf Nikotin verzichten und Alkohol nur in kleinen Mengen zu sich nehmen. Extreme Hitze und Kälte haben einen ungünstigen Einfluss auf schwache Venen – Aspekte die im Alltag wie auch bei der Urlaubsplanung mitberücksichtigt werden sollten. Eine zu flache Atmung – oft hervorgerufen durch kneifende Kleidung – und ungeeignetem Schuhwerk (zu enge Schuhe und Stöckelschuhe), verstärken die angeborene Tendenz. Weitere Ratschläge waren, die Beine so oft wie möglich hochzulegen und langes Stehen zu vermeiden. Eine Faustregel lautet: Laufen und liegen statt stehen und sitzen.
Die meisten Anrufe kamen von Frauen (etwa 90 %). Kein Wunder, denn das weibliche Geschlecht ist am stärksten von Venenerkrankungen betroffen. Jede zweite Frau hat entsprechende Symptome. Diese reichen von Besenreiser, das sind die geplatzten Kapillargefäße, die sich als bläulich-rote Netze unter der Haut abzeichnen, über Krampfadern bis hin zu Unterschenkelgeschwüren. Gerade in der Schwangerschaft sind viele Frauen von Venenerkrankungen bedroht. „Eine Schwangere sollte sich möglichst frühzeitig mit einem Arzt über Vorbeugungsmaßnahmen unterhalten, um späteren Komplikationen, zum Beispiel einer Thrombose, entgegenzuwirken“, riet Andreas Geriecke. Oft wurde nach der Wirkung der Pille auf Venen gefragt. Dieser Zusammenhang ist gerade im Hinblick auf die Mikropille in letzter Zeit öffentlich diskutiert worden. Nach Meinung der beiden Fachleute ist die tiefe Venenthrombose ein Grund, auf die Pille zu verzichten. Bei Symptomen bis hin zu einer oberflächlichen Varizenentzündung können sie weiter eingenommen werden (in Zweifelsfällen sollte stets ein Arzt gefragt werden).
„Mit Krampfadern kann man sehr alt werden, allerdings nur bei entsprechender Behandlung“ - damit umriss Andreas Geriecke die Chancen und Risiken von Patienten, die bereits ein ausgeprägtes Venenleiden haben. Venenerkrankungen sind chronisch; wer sie einmal hat, wird sie nicht wieder los. Das ist aber kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Auch hier liegt es am Verhalten der Betroffenen, wie die Krankheit verläuft. Neben den genannten Vorbeugungsmaßnahmen, die sich auch hier positiv auswirken, gibt es eine Reihe von weiteren Möglichkeiten. Dazu gehören Kompressionsstrümpfe, Wickelverbände und operative Eingriffe wie Venenstripping und Venenverödung. Die Telephonaktion machte deutlich, wie wenig fachgerechte Anleitung die Patienten zum Beispiel beim Wickeln der Beine erhalten. Nach Ansicht von Andreas Gericke sollten Operationen ganz am Ende der Behandlungsskala stehen. Es sei eine Illusion zu glauben, dass man sich dadurch für immer von Krampfadern befreien könne.
Venenerkrankungen sind noch immer nicht als Berufskrankheit anerkannt. Eine schwere Belastung für viele, die in Stehberufen arbeiten. „Wenn das stundenlange Stehen zum Martyrium wird, helfen alle guten Ratschläge nichts. Da muss eine politische Änderung her“, forderte Maria Elisabeth Lange Ernst.
Anders als von Ärzten am Heimatort oder in der Nähe, die sich in erster Linie oder ausschließlich mit der Therapie von Venenerkrankungen befassen, können weitere Informationen unter folgender Anschrift kostenlos angefordert werden: Venen Kompetenz-Zentrum, c/o Praxis Dr. Altenkämper/Klaus, Am Nocken 4, 58840 Plettenberg. Tel. 02391 / 1651, Fax 02391 / 10645, E-Mail: info@venenzentrum-mk.de
In München hat sich ein Aktionskreis Venenerkrankter gebildet, der über die Ursachen, Vorbeugung und Behandlung von Venenleiden aufklären und die Interessen Venenkranker im sozialpolitischen Rahmen vertreten will: Aktionskreis Venenkranker e.V., Postfach 101810. Nürnberg Telefon: 0911/267279 Hohenschäftlarn. Außerdem die Aktion Venen-Hilfe e.V., Berg-am-Laim-Str. 129, 81673 München Bayern Bundesrepublik Deutschland, Telefonnummer: (089) 454401. Beinliga e.V.. Siebengebirgsallee 119 50939 Köln Telefon: 0221/463064
Literatur: Maria Elisabeth Lange Ernst: Müden Beinen auf die Sprünge helfen, Goldmann Verlag 1989, 19,80 DM.

Ein informativer Blick auf diesem Volksleiden

1. Zeit für dich
Unter dem Titel „Abends Beine wie aus Blei“, steht: In der Bundesrepublik leidet jede zweite Frau und jeder vierte Mann an Krampfadern. Bei jedem achten Erwachsenen – insgesamt sind das 5,3 Millionen Bundesbürger – ist daraus bereits eine schwere chronische Erkrankung der Beinvenen geworden. Von den Spätfolgen einer ausgeheilten Venenthrombose oder einer chronischen Venenschwäche, dem sogenannten „offenen Bein“, sind fast einen Millionen Menschen bei uns betroffen. Diese Zahlen zeigen: Erkrankungen der Venen sind heutzutage ein Volksleiden. Und sie wirken sich auch volkswirtschaftlich aus: In jedem Jahr können 2000 Patienten ihren Beruf aufgrund einer Venenkrankheit nicht länger ausüben.
Zeit für dich
Schreit weiter:
Eigentlich arbeitet Sabine M. gern in ihrem Beruf. Sie war Friseuse – und nach Ansicht ihrer Chefin und vielen Kundinnen sehr tüchtig. Nur in der letzten Zeit machte ihr das stundenlange Stehen immer mehr zu schaffen, schmerzende Beine und Füße und irgendwann entdeckte sie entsetzt, dass sich bereits eine paar dicke blaue Adern an beiden Beinen herunterschlängelten. Als sie darüber mit einer Kollegin sprach, meinte die nur: „Tja, Krampfadern sind bei Friseuren eine echte Berufskrankheit. Da kannst du nichts machen.“ Sabine M. versucht sich damit abzufinden, dass der Zustand ihrer Beine sich zusehends verschlechterte. Eines Tages fühlte sie einen ziehenden Schmerz in der Wade, den sie aufsuchte, stellte bei ihr eine schwere Thrombose fest – und bemerkte kopfschüttelnd: „Warum sind sie denn nicht schon eher gekommen…?“
So wie Sabine M. tun viele Frauen Krampfadern zunächst als eine Bagatelle ab. Aber die Krampfadern sind eines der frühen Signale für eine Venenschwäche, die ohne Behandlung immer weiter fortschreitet und zu schweren Komplikationen führen kann. Weitere Anzeichen sind:
Manchmal zeigen sich an der Außenseite von Ober- oder Unterschenkel auch sogenannte „Besenreiser“, erweiterte blau – rot verfärbte Gefäße in der Form eines Reiserbesens, die eine Vorstufe von Krampfadern sind. Solche Symptome sollten ernst genommen werden. Sie zeigen, dass die venöse Durchblutung der Beine gestört ist.
In den Venen fließt verbrauchtes Blut zum Herzen zurück. Die Beinvenen müssen dabei sozusagen gegen die Schwerkraft arbeiten, in dem sie das Blut aufwärts pumpen. Das ist möglich, weil sie zum Teil aus Muskelfasern bestehen, die einen Gegendruck zum durchströmenden Blut („Venentonus“) erzeugen. Zudem arbeiten die Beinmuskeln als Pumpe. Bei jeder Bewegung verdicken sie sich, drücken auf die Venen und pressen das Blut nach oben. Schließlich sorgen die Venenklappen dafür, dass es immer nur zum Herzen fließt. Sie lassen den Blutstrom nur in einer Richtung durch.
Krampfadern entstehen in den Beinvenen, die direkt unter der Haut verlaufen. Dazu kann es durch dauernde Fehlbelastung der Beine kommen: Bewegungsmangel trägt dazu bei, dass die Wadenmuskelpumpe nicht mehr arbeitet. Das Blut „versackt“ in den Venen, die Venenwände erweitern sich. Wird dieser Zustand chronisch, schließen auch die Venenklappen nicht mehr und das Blut wird wie durch eine Einbahnstraße in den Beinen bleiben, es verändert sein Strömungsverhalten. Dadurch wird die Venenwand beschädigt, die daraufhin vernarbt. Das Gefäß tritt schließlich hart und dick aus der Haut hervor – als Krampfader.
Sind erst einmal Krampfadern da, kann es sehr leicht zu Komplikationen kommen. Durch Überanstrengung, Wärmewirkung (ausgedehnte Sonnenbrände), Unterkühlung, Stoß oder Schlag kann sich die Wand einer Krampfader entzünden, oder in einer oberflächlichen Vene bildet sich ein Blutgerinnsel (durch Überwärmung, langes Stehen, hormonelle Veränderungen, Insektenstiche, Erkrankungen innerer Organe). Eine solche oberflächliche Venenentzündung, die heftige Schmerzen beim Auftreten und bei Berührung verursacht, heilt bei entsprechender Behandlung meist innerhalb weniger Wochen ab.
Wesentlich schlimmere Folgen kann dagegen ein Blutgerinnsel in einer tiefliegenden Vene haben, eine Thrombose, Schätzungen zufolge wird ein solches Gerinnsel in 70 % aller Fälle vom Blutstrom losgerissen und in die Lunge transportiert: Es kommt zu einer Lungenembolie. Wenn der Thrombus dagegen fest mit der Venenwand verwächst, sind die Konsequenzen fast ebenso ernst. Der Blutstrom in der tiefen Vene ist blockiert. Da 90 % des venösen Blutes durch das tiefe Venensystem transportiert werden, entstehen Stauungen. Das Blut weicht auf die oberflächlichen Venen aus, die damit aber hoffnungslos überlastet sind und sich chronisch erweitern. So entstehen hier oft Krampfadern als Folge eines Blutstau in den tiefen Venen – sozusagen Krampfadern zweiten Grades.
Bei jeder tiefen Venenthrombose, die erst relativ spät erkannt und behandelt wurde, besteht außerdem die Gefahr, dass sich ein sogenanntes postthrombotisches Syndrom (PTS) bildet. Es kommt zu Wasseransammlung und Haut Verfärbungen an den Unterschenkel, an manchen Stellen wird die Haut pergamentartig dünn. Durch eine kleine Verletzung oder einen Stoß oder Schlag bricht sie dann plötzlich auf – ein offenes Bein entsteht. Es wird häufig chronisch, weil die Haut keine Kraft zur Selbstheilung mehr besitzt. Außerdem können Krankheitskeime von außen eindringen.
Die Behandlung von Venenleiden richtet sich danach, in weichem Ausmaß die Beindurchblutung gestört ist. Bei kleinen, aber kosmetisch störenden Krampfadern lässt sich eine Verödung durchführen (Sklerosierung). Dabei wird ein Mittel in die Krampfadern eingespritzt, dass künstlich ein Blutgerinnsel hervorruft, welches, das Gefäß ganz verschließt. Diese Methode kommt – wie das völlige Entfernen von Krampfadern (Stripping) – nur in Betracht, wenn das tiefe Venensystem funktionstüchtig ist. Bei Herzerkrankungen und schweren arteriellen Durchblutungsstörungen ist sie nicht angezeigt.
Bei akuten Erkrankungen der Beinvenen wie Thrombose, Venenentzündung, aber auch bei chronischem Blutstau oder einem offenen Bein tut ein Kompressionsverband gute Dienste. Dazu der Venen-Spezialist Dr. Otto Lauf: „Die Behandlung mit Kompressionsverbänden muss auch heute noch als ideale Behandlungsmethode für praktisch alle Venenerkrankungen angesehen werden“. Das Wirkungsprinzip eines Kompressionsverbandes besteht zum einen darin, die erweiterten Venen auf ein Drittel bis ein Fünftel ihres ursprünglichen Durchmessers zusammenzupressen Gleichzeitig kann sich die Beinmuskulatur bei Bewegungen nicht mehr nach außen ausdehnen, sondern übt Druck nach innen aus – die venösen Stauungen fließen ab. Das setzt allerdings die Mitarbeit des Patienten voraus – er muss sich viel bewegen!
Kompressionsstrümpfe sind dagegen erst dann sinnvoll, wen die akute Phase des Leidens vorüber und das Bein bereits abgeschwollen ist. Um eine optimalen Sitz zu gewährleisten, müssen Kompressionsstrümpfe individuell angepasst werden. Es gibt jedoch heute auch schon Kompressionsstrümpfe und -strumpfhosen von der Stange - sie sind erheblich preiswerter als die nach Maß angefertigten. Auch modische Farben werden angeboten, so dass die geschmähten „Gummistrumpfe“ von einst heute durchaus dem Vergleich mit normalen Damenstrümpfen standhalten. Kompressionsstrümpfe sind nur im Sanitätsfachhandel erhältlich, sie sind nicht mit den handelsüblichen Stützstrümpfen zu verwechseln.
Die wirksamste Hilfe gegen Venenleiden besteht allerdings dann, sich so früh und so gezielt wie möglich dagegen zu wappnen. „Eigentlich müsste die Vorbeugung bei Venenleiden schon mit der Berufsberatung beginnen“, meint dazu Dr. Dagmar Berg. Denn bei einer entsprechenden familiären Veranlagung sind langes Stehen oder Sitzen ausgesprochene Risikofaktoren. Positiv wirken sich dagegen aus:

Hauptfaktor ist Bewegung

In einem Artikel der „Neuen Ärztliche“ unter „Klinik und Praxis“ liest man:
Bewegung ist das A und O bei Venenerkrankungen
  1. Die trophische Haut braucht Pflege
  2. Kompressionsstrumpf unersetzbar
Frauen mit Stehberufen gefährdet / Kalte Güsse verbessern die Gefäßfunktion
Von Venenerkrankungen der unterschiedlichsten Form sind immer mehr Bundesbürger betroffen. Welche prophylaktischen Maßnahmen, Diagnosemöglichkeiten und Therapien heute möglich sind, wurde von einem Klinge-Pharma unterstützen Presse-Seminar in Grünenbach dargelegt.
Die venöse Insuffizienz kann heute als Volkskrankheit bezeichnet werden. Die Anzahl der Krankenhaustage von Venenpatienten entsprechen denen von Angina pectoris. Frühentberungen sind ähnlich hoch wie bei den Asthma-Patienten. Insgesamt klagen bereits 24 Millionen Bundesbürger ab 20 Jahren über leichtgradige Venenveränderungen. Jeder achter Erwachsener leidet an einer fortgeschrittenen chronisch-venösen Insuffizienz, sechs Millionen haben ausgeprägte Varikosen und bei einer Millionen Patienten besteht ein Ulcus cruris. Die Behandlungskosten addieren sich mittlerweile auf jährlich 2,4 Millionen.
Da auch immer mehr junge Frauen betroffen sind, deren „Besenreiser“ von zahlreichen Ärzten immer noch als Lappalie angesehen werde, sind prophylaktische Maßnahmen besonders wichtig. „Es werden rund 80 % aller Venenschwächen vererbt“, so Dagmar Berg Ulm. Die wichtigsten Therapie-Schritte, die jeder Hausarzt seinen Patienten vermitteln kann, fasst die Phlebologin wie folgt zusammen. Zunächst seien Beratung und Aufklärung bedeutsam. Diese sollte eine entsprechende Anamnese samt Darlegung möglicher Folgen umfassen. Nicht weniger bedeutsam sei die Linderung der Beschwerden. Mindestens einmal pro Tag ein kalten Beinguss oder eine Dusche verhindert, dass die Beine stark anschwellen und sich der Zustand verschlechtert. Nach drei Monaten konsequenter Anwendung sei bei rund 18 % der Patienten eine verbesserte Venenfunktion festzustellen.
Laufen und Beine hochlagern beim Sitzen und Liegen sind weitere Maßnahmen, die Patienten mit leichten venösen Beschwerden helfen. Denn viele hätten auch Angst vor Beschwerden. Beim Gehen sollten Personen mit Stehberufen viel auf den Zehen wippen. Weitere Tipps: Keine heißen Wannenbäder und Massagen mit der Trockenbürste

Die trophische Haut braucht Pflege,

denn damit wird die Entstehung von Besenreisern begünstigt. In der Sauna sollte der Venenkranke nur liegen und oft kalte Güsse machen. Thermalbadwasser dagegen meiden. Die Beine sollten häufig eingefettet werden, um die trophisch gestörte Haut geschmeidig zu halten. Auch Tanzen, Schwimmen und Radfahren können Patienten mit Krampfadern das Leben erleichtern.
Auch gilt es, sie zu beseitigen. Bei der medikamentösen Therapie hat sich bei ihren Patienten eine hochdosierte Intervall-Therapie mit Venentherapeutika-Diuretika-Kombination über vier bis sechs Wochen bewährt, deren Effekt zwei bis drei Monate anhält. Die Phlebologin hält „den gezielten Einsatz von Venentherapeutika bei Patienten mit leichten Beschwerden für unverzichtbar. Die noch keine Kompression benötigen oder bei denen eine Kompression kontraindiziert ist.“
Um Ödeme auszuschwemmen sind Diuretika hilfreich, die jedoch nur kurz eingesetzt werden sollten, da sie zu Elektrolytverlusten führen. Denn „ein dickes Bein ist mit einem Kompressionsstrumpf nicht zu entstauen. Zuerst muss daher ein Kompressions-Verband angelegt werden.“ Der Kompressionsstrumpf stelle allerdings eine Dauermaßnahme bei der ärztlichen Verordnung dar. Für den Erfolg ausschlaggebend, sei aus diesem Grund, die richtige Wahl der Binde und Strümpfe sowie die Wickeltechnik. Erst bei einer positiv verspürten Technik selbst zu erlernen.
Besonders wichtig sei es, Varizen auszuschalten, wenn notwendig müssten Varizen mittels Sklerosierung oder Operation entfernt werden. Dabei sollte dem Patienten aber ein erfahrener Operateur empfohlen werden. Die Mikrochirurgie habe auch bei den Phlebologen Einzug gehalten und berücksichtige weitgehend auch kosmetische Sichtweisen.

Kompressionsstrumpf unersetzbar

Es muss ferner ein Zustand der Beschwerdefreiheit erhalten werden. Dies könne langfristig durch einen Kompressionsstrumpf und Venentherapeutika geschehen. Das Wichtigste sei jedoch, dem Patient immer wieder zu sagen, dass sie „venenbewusster leben müssten.“
Bevor jedoch eine gezielte Therapie durchgeführt wird, muss zuerst eine ausführliche Differentialdiagnose erstellt werden. Darauf verwies Michael Empter, Hannover. Ausschlaggebend für Therapieerfolg seien Leidensdruck und Compliance der Patienten. Neben einer genauen Anamnese seien diverse Verfahren geeignet, um folgende Krankheitsbilder zu erfassen: Die verschiedenen Schwergrade einer Varikosis, die chronisch venöse Insuffizienz, das Postthrombotische Syndrom bis zum Ulcus cruris, die Thrombophlebitis und die Phlebothrombose. Zu den nichtinvasiven diagnostischen Möglichkeiten gehören: Die Inspektion und Palpation der Beine und des Pulses die apparativen Untersuchungen durch Ultraschall-Doppler, Venenschluss- Phlethysmographie (VVP), Lichtreflektion-Rheographie (LRR), B-Bild-Sonographie. Duplex-Scanner sowie mittels Farb-Doppler. Diese seien jedoch, durch ihr derzeit geringes Auflösungsvermögen noch nicht alleine zur Differential-Diagnostik geeignet.
Eine Phlebographie vor einer Operation könne dem Patienten erspart werden, wenn der Chirurg nicht darauf bestehe. Allerdings sei diese Methode bis heute nicht völlig durch andere Verfahren zu ersetzen und gehöre nach wie vor zum „goldenen Standard“. Die Radionuklid-Phlebographie werde bei Patienten angewendet, die allergisch auf Röntgenkontrastmittel regieren. Auch werde sie bei der Verlaufskontrolle von Thrombosen eingesetzt, die mit thromboembolischen Komplikationen behaltet waren. (Regine Schultet-Strathaus)

I. Tiefere und umfangsreiche Studie über Phlebologie

  1. Therapie-Insuffizienz fördert Venen-Insuffizienz
  2. 1. Motivieren, 2. Motivieren, 3. Therapieren
  3. Kompression am venenkranken Bein muss sein
  4. Schmerzender Verband muss weg
  5. Ödem = gestörte „Müllabfuhr“ der Haut
  6. Statt zu ruh`n lieber 1000 Schritte tun
  7. „Venenmittel“ verbessern nicht nur die Compliance, sondern auch den Befund
  8. Eingeschränkte Indikationen für venentonisirende Substanzen
  9. Mit Venensalben wird der Patient eigentlich nur „angeschmiert“
  10. Hier war der Pfarrer schief gewickelt
  11. Varizenkranke müssen aktiv therapiert werden
  12. Manchmal kann nur der Chirug helfen. Ein Nadelbruch ist auch nicht das Rezidiv eines Leistenbruchs
  13. Bettruhe wegen oberflächlicher Trombophlebitis = Kunstfehler
  14. Lyse bevorzugt
  15. Schluss mit der Spritze im Acht-Stunden-Takt
Der niedergelassene Arzt von 4/90, für das Fortbildungs-Seminar Phlebologie, hat einen ausführlichen Artikel unter dem Titel „Beine so schön wie von Marylin“ veröffentlicht und schreibt: Erwartungen an den Erfolg einer Varizen-Therapie sollten den möglichen Rahmen nicht sprengen. Mit hämodynamisch und kosmetisch guten Ergebnissen darf nach fachgerechter Therapie aber gerechnet werden. Ganz oben auf der Therapie-Liste steht die optimale, individuell angepasste Kompression. Diese Behandlung ist genauso fundamental wie einfach, zweifellos, aber aufwendiger, als eine Pille zu schlucken. Während die Hälfte aller verordneten „Gummistrümpfe“ nutzlos in den Nachtkästen veraltet, gibt es bei „Venenmitteln“ dagegen kaum Compliance-Probleme. Einfach, aber nicht ungefährlich ist die Sklerotherapie. Varizen veröden ist mehr als nur eine venöse Injektion. Lyse und Thrombektomie bei akuter tiefer Venenthrombose zählen in den meisten Kliniken bereits zum Standard. Neu ist die vereinfachte Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin. Auch die therapeutische Palette der Chirurgen wird ständig erweitert, so beispielsweise durch die endoskopische Perforansligatur. Problematisch bleiben individuelle Prognose und Prophylaxe bei Venenleiden.
Wenn nur ein kleiner 14 %-Rest der bundesrepublikanischen Bevölkerung zwischen 20 und 70 Jahren überhaupt keine pathologischen Venenveränderungen hat – und so lauten schließlich die alarmierenden Ergebnisse der „Tübinger Venenstudie“ – dann muss über die sozialmedizinische und wirtschaftliche Bedeutung einer fachgerechten Venentherapie nicht mehr diskutiert werden. Die moderne und erfolgreiche Therapie von Venenerkrankungen ruht mittlerweile auf bewährten, wissenschaftlich geprüften Prinzipien und Verfahren.

Therapie-Insuffizienz fördert Venen-Insuffizienz

„Krampfadern kommen immer wieder, gleichgültig, wie therapiert wird“. Dieses alte Vorurteil kursiert leider immer noch in der Bevölkerung. Dass sich aber sogar manche Ärzte dieser Meinung anschließen, ist eine Tatsache, die der Würzburger Dermatologe Prof. Dr. Walter Lechner dabei ganz besonders bedauert. Die Rezidivfreudigkeit der Venenleiden werde aber etwa nicht durch eine imaginäre Bindegewebsschwäche hervorgerufen, sondern sei sie vor allem das Ergebnis einer insuffizienten, kritiklosen bis rätselhaften Therapie. In vielerlei Hinsicht stehe und falle der Therapieerfolg allerdings mit der aktiven Mitarbeit der Patienten, räumt Lechner ein.

1.Motivieren, 2.Motivieren, 3.Therapieren

Wichtigste Aufgabe der Venentherapeuten ist die Motivation des Patienten. Dem Betroffenen klarzumachen, dass es sich in aller Regel um eine chronische Venenerkrankung handelt, halten Experten für unerlässlich. Nur so könne der Patient verstehen, dass sein Leiden auch chronisch zumindest kontrolliert, meistens jedoch therapiert werden muss. Die vielen Möglichkeiten des Patienten, an einer erfolgreichen Therapie aktiv mitzumachen, sollten besprochen werden. Erhebliches ärztliches Engagement ist fraglos oft gefordert. Doch vielfach bringt die Venentherapie auch ein großes Maß an Befriedigung für beide: Arzt und Patient.

Kompression am venenkranken Bein muss sein

Trotzt aller verbesserten medikamentösen und verfeinerten operativen Therapien: Grundpfeiler der Behandlung insuffizienter Venen bleibt die Kompression. Dies betonte kürzlich auch der amerikanische Venenexperte Prof. Dr. George Johnson. Chapel Hill, North Carolina, auf dem 10. Weltkongress der Internationalen Phlebologen-Vereinigung in Straßburg. Indiziert und erfolgsversprechend sei die Kompressionstherapie bei allen Graden und Arten von Varizen und venöser Insuffizienz. Äußerste Vorsicht ist allerdings geboten, wenn CVI und arterielle Verschlusskrankheit (AVK) gleichzeitig bestehen. Vor allem AVK Stadium III und IV gelten als Kontraindikation für den Kompressionsverband. Bei AVK im Stadium II ist eine besondere Überwachung klinisch und mit der Ultraschall-Doppler-Sonde notwendig. Speziell mit elastischem Verbandsmaterial kann ein Kompressionsverband bei arteriellen Durchblutungsstörungen zu ausgedehnten Nekrosen führen. Schwerkranke Patienten mit Neuropathien oder mit vorbestehenden Ruheschmerzen(Stadium III der AVK) bemerken dies oft gar nicht.
Ohne Akzeptanz und Compliance der Patienten ist natürlich überhaupt kein Therapie-Erfolg möglich. Auch neuere Stadien zeigen es ganz klar: Trotz vieler Verbesserungen Zählt die Kompressionstherapie zu den Behandlungsmethoden, die vom Patienten am wenigsten angenommen und am häufigsten abgebrochen werden. Nicht einmal die Hälfte aller verordneten Kompressionsstrümpfe werden auch regelmäßig getragen, hieß es schon in der „Tübinger Venenstudie“.

Schmerzender Verband muss weg

Kompressionsverbände oder -strümpfe sollen der Klappeninsuffizienz und dem Ödem entgegenwirken. Voraussetzung dafür ist ihr richtiger Sitz. Traurige Tatsache ist aber, dass die meisten Verbände schnüren und etwa vier Fünftel der Strümpfe nicht passen. Der erwartete Erfolg muss dann natürlich ausbleiben. Beim Andruck des Verbandes, der mit verschiedenen Methoden gemessen werden kann, werden ein Ruhe- und ein Arbeitsdruck unterschieden. Unelastische Verbände (z.B. Zinkleimverbände) haben in der Regel deutlich höhere Arbeitsdruck-Spitzen als elastische Bandagen und deshalb eine bessere Massagewirkung.
Damit ein elastischer Verband im Stehen den gleichen Ruhedruck erreicht wie ein nicht-elastischer, muss er so fest angelegt werden, dass dies im Liegen unangenehm wäre. Druckamplituden und -spitzen (Arbeitsdruck) sind mit einem unelastischen Verband höher, obwohl sein Ruhedruck im Liegen niedriger ist. Zur Initialbehandlung (Therapie-Phase) und grundsätzlich bei Komplikationen ist der Kompressionsverband aus kurzelastischen, kräftigen Binden oder als Zinkleim im Sauerverband indiziert. Dabei ist es wichtig, dass der Druck von distal auch proximal abfällt (Fischer-Verband). Um während der Langzeitbehandlung den Therapieerfolg und die Beschwerdefreiheit zu erhalten (Einhaltungs-Phase), ist der sachgerecht verordnete Kompressionsstrumpf (Gummistrumpf) vorteilhaft und meist ausreichend. Bewiesene Effekte einer sachgerechten Kompressions-Therapie sind: Veneneinengung, Reduktion des Blutvolumens, Anstieg der Strömungsgeschwindigkeit, Verbesserung der venösen Pumpfunktion, Anstieg des Gewebedrucks, Reduktion von Ödem: Reduktion des Wassergehaltes, (geringere) des Eiweißgehaltes, Förderung der fibrinolytischen Aktivität (Nachweis: Plasminogenaktivatorspiegel).

Ödem = gestörte „Müllabfuhr“ der Haut

Durch adaptierte Druckwirkung auf Gewebe und Venen bewirkt die Kompressionstherapie im Gewebe Entstauung und Ödemprophylaxe. Das Ödem steht am Beginn einer Kette pathogenetisch wichtiger Vorgänge dafür, dass sich schließlich ein venöses Unterschenkelgeschwür entwickelt. Die ödematöse Schwellung ist erstes und deutlichstes klinisches Zeichen dafür, dass die Haut nicht mehr ausreichend entsorgt wird (gestörte „Müllabfuhr“), wenn der Rücktransport des Blutes beeinträchtigt ist(chronische venöse Insuffizienz, CVI). Sowohl primäre variköse Venenveränderungen als auch postthrombotische Zustände(PTS) können dazu führen und dann nachfolgend die bekannten Hautveränderungen (Dermatosklerose, Pigmentierungen, Atrophie, Ekzeme, Ulzera) verursachen. Ein Ödem verhindern heißt also, die Haut vor Spätschäden zu schützen.

Statt zu ruh’n lieber 1000 Schritten tun

Entscheidend ist: Erst im Zusammenspiel mit einer Betätigung der Beinvenenpumpe (Muskeln, Gelenke) kommt die Kompressionstherapie voll zur Wirkung. Der Venenkranke gehört nicht ins Bett, sondern er soll gehen. Freilich nicht „unbewehrt“, sondern immer zusätzlich zur individuell angepassten Kompressions-Therapie. Für mobile Patienten heißt das: Konsequentes Gehtraining. Bei Bettlägerigen Patienten sind wiederholte und ausgiebige Plantar- und Dorsalextension im Sprunggelenk zu empfehlen.
Venenpatienten, „besonders den Gehfaulen“, einen Hund zu verordnen, hält die Stuttgarter Phlebologin Dr. Freya Heid-Fischer für keine solche Idee: So werde das empfehlenswerte tägliche Bewegungspensum zum Muss. Auch Frau Heid-Fischer zufolge zeigen bundesdeutsche Ärzte noch zu viel Unsicherheit bei der Behandlung venöser Erkrankungen: Venenleiden wurden unterschätzt, nicht ausbehandelt oder sogar für nicht therapierbar erklärt. Die Therapie-Möglichkeiten seien in den letzten Jahren zwar verbessert worden, dennoch würde sich bei vielen Patienten ein PTS entwickeln, „das diese Menschen für den Rest ihres Lebens plagt, wenn es nicht entsprechend behandelt wird“. CVI und PTS sind die Venopathien, die in der Praxis an Häufigkeit und Bedeutung ganz im Vordergrund stehen.
Die Basisbehandlung von CVI und PTS besteht in einer exakten Dauerkompression für den Alltag. Nach der „Entstauung“ des Beines mit Kompressions-Verbänden (Therapie-Phase) werden gutsitzende Kompressionsstrümpfe (Erhaltungs-Phase) von den Patienten am besten akzeptiert. Die Andruckwerte der Kompressionstrümpfe und -strumpfhosen sind standardisiert: sie sollen die Ausdehnung und dem Schwergrad der Erkrankung (im wörtlichen Sinne) angemessen verordnet werden.
Der beste Verband oder Stützstrumpf nützt allerdings kaum. Die Muskelpumpe wird durch zu hohe Absätze wieder aufgehoben. Besondere Aufmerksamkeit widmen sollten Venentherapeuten deshalb auch der Fußbekleidung und der aktiven Bewegung des Fußes in allen Gelenken. Bessere Therapie-Ergebnisse als mit der Kompression allein können durch eine zusätzliche Therapie mit Venenpharmaka erreicht werden.
Was jahrelang bezweifelt oder zumindest kontrovers diskutiert wurde, haben zahlreiche Studien mittlerweile längst richtiggestellt und bewiesen: Die Effektivität einer konsequenten medikamentösen Therapie venöser Beinleiden, „Venenmittel“ auf pflanzlicher Basis, enthalten beispielsweise Aescin (Rosskastanienextrakt) oder Flavonoide (Pflanzenfarbstoffe). Sie wirken ödemprotektiv und damit kommt es zu einer verbesserten Versorgung und Entsorgung des Gewebes. Der Angriffspunkt dieser Substanzen ist weniger die Vene als vielmehr der Bereich der Mikrozirkulation. In Doppelblind-Studien wurden mit diesen Medikamenten signifikantverbesserte subjektive Beschwerden der Patienten und weitere positive Effekte festgestellt. Sogar ein Ulkus cruris soll beschleunigt abheilen, wenn zusätzlich zur Kompression noch Venenpharmaka verabreicht werden. Die Substanzen sind gut verträglich und langfristig anwendbar.

„Venenmittel“ verbessern nicht nur die Compliance, sondern auch den Befund

Venöse Beinleiden erfordern aufgrund ihres Verlaufs eine langwierige Therapie. Dass Patienten, besonders solche mit chronisch behandlungsbedürftigen, häufig ein recht unzuverlässiges Therapieverhalten zeigen, beobachten Praktiker täglich. Deshalb sind neuere Studienergebnisse über Venenpharmaka besonders interessant: Auch in einer mehrwöchigen Therapie-Pause zeigen beispielsweise O-ß-(Hydroxyethyl)-rutosiede einen anhaltenden ödemreduzierten Wirkeffekt. Auch venentonisierende Pharmaka (Dihydroergotamin, Sympathomimika) zeigen häufiger eine kardiale Symptomatik, deshalb werden sie von Phlebologen nur für jüngere Patienten eingesetzt.

Eingeschränkte Indikation für venentonisierende Substanzen

Bei Hypertoniekern sind diese Pharmaka kontraindiziert. Die selektive Venentonisierung sei mit Dihydroergotamin „noch am besten“ möglich, differenzieren der Münchener Pharmakologe Prof. Dr. Wolfgang Felix. Er empfiehlt, mit einer venentonisierenden Therapie langsam zu beginnen, sie aber langfristig vorzunehmen. Die perorale Gabe von Dihydroergotamin habe nur dann einen Sinn, wenn sie mindestens einige Wochen dauere. Von einer Therapie venöser Beinladen mit Diuretika halten die meisten Phlebologen nicht viel. Experten zufolge sollten Diuretika bei venös bedingten Ödemen „wenn überhaupt, dann auf keinen Fall längere Zeit“ angewendet werden. Felix empfiehlt beispielsweise milde Diuretika (Thiazide) und diese auch nur kurzfristig. Und der Tegernseer Venenspezialist Prof. Dr. Markward Marshall setzt sie höchstens mal ein, wenn ein Ödem akut schlimmer geworden ist. Durch große Hitze, durch lange Flug- oder Autoreisen – aber niemals länger, nicht einmal ein paar Tage.“

Mit Venensalben wird der Patient eigentlich nur „angeschmiert“

Kompressionsverbände, von Phlebologischen Experten einhellig als grundlegende Therapie bezeichnet, erfordern zweifellos etwas Übung, ein bisschen Geduld und auch Zeit: Ein Einsatz, der sich für die meisten Venenpatienten sicher lohnen würde. Dennoch sind sehr viele dazu nicht bereit, bei Patienten hingegen sehr beliebt sind Venensalben. Nur konnte deren Wirksamkeit bisher durch klinische Studien nicht zweifelfrei bewiesen werden, haben sie freilich häufig eine kühlende Wirkung und über eine gewisse Massagewirkung auch einen positiven Effekt. Er hält von Venensalben „gar nichts“.

Hier war der Pfarrer „schief gewickelt“

„Gar nichts“ hielt Pfarrer Sebastian Kneipp vom Wickeln venenkranker Beine. „Gummibänder“ bezeichnete er in diesem Zusammenhang als einen „noch verbesserten Unsinn“. Neben diesem Irrtum hat Kneipp aber durchaus wertvolle Heilverfahren wie beispielsweise Kaltwasser-Anwendungen entwickelt. Damit gelingt es tatsächlich, den Venentonus zu erhöhen. Ein sekundär prophylaktischer Effekt physikalischer Therapiemaßnahmen ist aufgrund klinischer Beobachtungen sehr wahrscheinlich. Bewegungstherapie, Lagerung, Entstauungsgymnastik, lokale manuelle Massage und die kalten Wassergüsse wirken über eine Beschneidung des venösen Rückstroms, Senkung des Venendrucks, Tonisierung der Venen und Besserung des Stoffaustausches im Gewebe. Auf starke Wärmeexpositionen wie Sauna oder Sonnenbad sollten Venenkranke möglichst verzichten. Marshall bezeichnet Schwimmen, zügiges Gehen und Skilaufen als geeignete Sportarten für Patienten mit Venenleiden, während er ihnen von Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko oder starkem Einsatz der Bauchpresse abrät. Beim Gewichtheben können um 300 mmHg(!) auf das Beinvenensystem einwirken.

Varizenkranke müssen aktiv therapiert werden

Primäre Varizen finden sich nur an den unteren Extremitäten des Menschen und bei keinem Lebewesen. Offensichtlich ein Tribut an den aufrechten Stand. Während harmlose Krampfadern nicht als Erkrankung einzustufen und demnach auch nicht im medizinisch-therapeutischen Sinn unbedingt behandlungsbedürftig sind, benötigen Patienten mit einer CVI eine fortlaufende Therapie. Entscheidendes Substrat für alle klinischen Erscheinungen der CVI ist der eingeschränkte Venendruckabfall bei Betätigung der venösen Beinpumpe, also im Gehen: Die sogenannte chronische venöse ambulatorische Hypertension. Der venöse Ruhedruck ist dagegen nur von geringer Bedeutung. Therapeutische Relevanz haben deshalb Funktionsuntersuchungen der venösen Pumpenleistung in Kombination mit der Okklusion suspekter Leckstellen durch Tourniquet oder Fingerdruck. Kommt es bei derartigen Kompressionsversuchen zu einer Verbesserung der Pumpleistung (ausgeprägter Abfall des peripheren Volumens oder Druckes), ist dies eine funktionelle Indikation zu einer dauerhaften Unterbindung des Reflexes an dieser Seite.
Es gibt ganz klare Indikationen, welche Varizen verödet und welche operiert werden sollten. Nicht jede Krampfader kann durch Sklerosierung dauerhaft beseitigt werden. Wird die Verödung falsch angewendet, gibt es bald ein Rezidiv zu behandeln. Indiziert ist die Methode für Besenreisen und retikuläre Varizen sowie für Seitenastvarizen, bei älteren Patienten auch für Stammvarizen nach vorheriger Krossektomie. Erfolgreich veröden lassen sich auch Venen, die ein Ulkus cruris speisen („Nährvene“, „Mutterwarize“). Die lokal induzierte Thrombophlebitis (Sklerosierung) ist eine „ganz einfache Sache“. Gerade mit dieser angeblich so „einfachen“ Verödung aber, deren Technik in jedem Venenbuch nachzulesen ist, wurde schon viel Schaden angerichtet.
Wird beispielsweise nach einer durchgemachten Beckenvenenthrombose der Umgehungskreislauf - als oberflächliche Varize erkennbar – ohne genaue Funktionsdiagnostik verödet, so kann das den Verlust des Beines bedeuten. Die gleiche Komplikation droht auch bei versehentlicher arterieller Injektion. Experten empfehlen deshalb auch, zuerst die Kanüle ohne Spritze einzustechen: Pulsiert das ausströmende Blut, ist eine Arterie punktiert worden. In geübter Hand ist die Sklerosierung in Verbindung mit der obligat nachfolgenden Kompressions-Behandlung jedoch ein erfolgreiches und risikoarmes Verfahren.
Das kosmetische Ergebnis einer Varizen-Verödung ist meist gut. Dennoch: Vor einer Verödungstherapie gilt es, die Patienten darauf aufmerksam zu machen, dass ihre Beine sicher schöner werden, aber nicht so schön wie die Beine von Marylin Monroe werden, hält der Salzburger Dermatologe und Venenspezialist Dr. N. Zinnagt durchaus für wichtig.

Manchmal kann nur der Chirurg helfen

Keine Sklerosierung, sei sie noch so subtil und fachmännisch durchgeführt worden, kann Stamm- und Perforansvarizen an ihrer Mündung in das tiefe Venensystem sicher und dauerhaft verschließen. Wenn bei einer Insuffizienz der Vena saphena magna und parva sowie bei den tranzfaszialen Formen der Seitenastvarikose Blut retrograd direkt aus den großen Leitvenen in die extrafazialen Gefäße einfließt, dann kann nur noch der Chirurg helfen.
Krossektomie mit anschließender Resektion des Insuffizienten Gefäßabschnittes ist bei der Therapie der Wahl. Mit der selektiven Krossektomie kann eine Rezidivvarikose nicht verhindert werden. Durch die partielle Saphena-Resektion werden (die nach der Babcock-Operation so typischen) Sensibilitätsstörungen sowie auch lymphatische Abflussstörungen am Unterschenkel vermieden. Transplantationswürdige Venensegmente für Notsituationen der Herz- und Gefäßchirurgie können belassen werde. Als unmittelbare Ursache der CVI gilt die Perforansvarikose. Mit der Dissektion des Gefäßes bei extrafazialem Zugang oder neuerdings auch durch die endoskopische Ligatur lässt sich eine Abheilung der dermatologischen Komplikationen erzielen.
Ein Nabelbruch ist auch nicht das Rezidiv eines Leistenbruchs
Schon kurze Zeit nach einer Sklerosierung oder Operation können wieder Krampfadern auftreten. Dabei handelt es sich in aller Regel nicht um echte Rezidive, sondern immer nur um Venen, die bei der ersten Therapie nicht oder nur teilweise beseitigt wurden. Weder die Stammvarikose dissezierten Vv. perforantes wachsen im Anschluss an eine chirurgische Therapie oder im Laufe des späteren Lebens wieder nach. Allein retikuläre und Seitenastvarizen weisen eine echte Rezidivneigung auf. Freilich gibt es auch echte Zweiterkrankungen. Dabei kann aber genauso wenig von einem Rezidiv gesprochen werden wie bei einem Nabelbruch, der sich Jahre nach chirurgischer Versorgung eines Leistensbruchs entwickelt.

Bettruhe wegen oberflächlicher Thrombophlebitis = Kunstfehler

Von den kleineren Komplikationen venöser Erkrankungen kommt die oberflächliche Thrombophlebitis recht häufig vor. Sie ist leicht zu diagnostizieren und kann ambulant behandelt werden. Kontraindiziert sind die früher verordnete Bettruhe ebenso wie Antibiotika und eine Marcumarbehandlung. Auch eine Therapie mit Acetylsalicylaten hat sich nicht als sinnvoll erwiesen. Moderne Phlebotherapeuten exprimieren nach einer Stichinzision den Thrombus und versorgen das anschließend mit einem gut sitzenden Kompressionsverband.

Lyse bevorzugt

Mit der Behandlung der tiefen Thrombose sind die Grenzen der ambulanten Therapie erreicht. Äußerst wichtig ist, dass schon beim geringsten Verdacht der tiefen Thrombose eine sofortige genaue Diagnostik veranlasst wird. Die Thrombektomie hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der Eingriff innerhalb der ersten zehn Tage nach Beginn der Thrombose erfolgt. Bevorzugt operativ behandelt wird die Phlegmasia caerulea dolens. Der Chirurg macht allerdings nur die großen Wegstrecken frei. In den Klappentaschen und auch in den Nebenschlüssen bleiben die Thromben auch nach der Thrombektomie bestens. Die Thrombolyse mit Plasminogenaktivatoren (Streptokinase, Urokinase) ermöglicht die systematische Beseitigung aller Thromben Deshalb sollte nach Meinung des Frankfurter Venenspezialist Prof. Dr. Wolfgang Hach der Lyse auch der Vorzug gegeben werden. Phlebologen beurteilen Erfolgschancen einer Fibrinolyse bis zum dritten Tag als sehr gut, bis zu 14 Tagen als gut und bis zur vierten Woche nach als ausreichend.

Schluss mit der Spritze im Acht-Stunden-Takt

Sowohl nach einer Thrombektomie oder einer Lyse, aber auch wenn keines der beiden Verfahren möglich ist, müssen die Patienten mit Antikoagulantien behandelt werden. Heparin- und Kumarinderivate werden dann mindestens eine halbes Jahr lang gegeben. Damit soll verhindert werden, dass der Thrombus weiter wächst oder dass Verschlüsse in anderen Venen auftreten. Keinesfalls können diese Substanzen aber einen vorhandenen Thrombus auflösen. Die Heparintherapie war immer schon mit Spritzen im Acht-Stunden-Takt verbunden und von Patienten als lästig empfunden. Das soll jetzt anders werden: Bei den neu entwickelten niedermolekularen Heparinen ist es mit einem „Pieks pro Tag“ getan. Diese Substanzen haben eine wesentlich längere Halbwertzeit, so dass sich mit einer einmaligen Gabe in der Regel ausreichende Wirkspiegel erzielen lassen.
Trotz Therapie mit Antikoagulantien oder thrombolytischen Substanzen entwickelt sich aus jeder vierten tiefen Bein- oder Beckenvenenthrombose ein PTS. Dies zu verhindern, müsse – neben der Vermeidung einer Embolie – das Ziel der Behandlung sein, meint Frau Haid Fischer. Dazu sei es jedoch unabdingbar, dass die Patienten mit Hilfe von Kompressionsverbänden komplett ausbehandelt würden. Und das ist, so Haid Fischer, „Eben oft leider nicht der Fall.“
Dr. Sabine von der Borch

II. Tiefere und umfangsreiche Studie über Phlebologie

  1. Wenn krumme Adern Krämpfe machen
  2. Vom Muskelkater bis zum akuten Schmerz
  3. Frauenvenen sind häufiger, Männervenen meist schwerer erkankt
  4. Freilich können Venen auch bis ins Greisenalter unauffallig bleiben
  5. Trendelburgs „Privatkreislauf“ führt zum „blow out“
  6. Krampfadern sind ein Symptom so wie eine Gelbsucht
  7. Der klinische Blick allein genügt nicht
  8. Venen sind mehr als bloße Leitungsröhre
  9. Stammvarikosis Stadium IV oder „Faulenzerbeine“
  10. Kollaterrale sind präformiert
  11. CVI ist nur ein funktioneller Dachbegriff
  12. DD:CVI, Erysipel oder M. Kaposi
  13. Tödliche Lungenembolie als klinisches „Erstsymptom“
„Der niedergelassene Arzt“ von 15. März 1990 des Fortbildung-Seminars Phlebologie schreibt:

Wenn krumme Adern Krämpfe machen

Besenreisenvarizen & Co.: Ein lästiges Erbe, das vielfach schon auf jungen Beinen stört. Unkomplizierte Varikosis, Pinselfiguren oder Besenreiser machen jedoch meist noch keine ernsten Beschwerden. Dagegen führen ein postthrombotisches Syndrom, chronisch venöse Insuffizienz und Ulkus cruris allein oder in Kombination sehr wohl zum „bösen Bein“ mit teilweise hartnäckigem Verlauf. Wichtiger und oft dramatisch phlebologischer Notfall ist die akute tiefe Venenthrombose vor allem in ihrer schwersten Verlaufsform, der Phlegmasie. Besonders gefürchtet ist dabei die große Lungenembolie als gefährlichste Komplikation.
Eigentlich ist die Phlebologie eine ganz einfache Sache, so dass auch jeder Hausarzt sie beherrschen sollte“, meint der Würzburger Venenspezialist und Dermatologe Prof. Dr. Walter Lechner 75 Prozent der Patienten wenden sich mit ihren venösen Beinbeschwerden auch tatsächlich zunächst an ihren Hausarzt 12 % gehen primär zum Orthopäden, 10 % zum Internisten und 2 % zum Hautarzt. Krampfadern bestehen bei den Patienten oft schon lange. Bevor sie ärztliche Hilfe suchen.

Vom Muskelkater bis zum akuten Schmerz

Erst wenn ihre erweiterten und geschlängelten Adern deutlich hervortreten und Beschwerden machen, gehen Sie zum Arzt. Anamnetische angaben phlebologischer Patienten sind variabel: Geklagt wird über Schwere- und Spannungsgefühle, abendliches Schwellen des distalen Unterschenkels oder Krampfartige Wadenschmerzen. Die oftmals angegebenen nächtlichen Beinkrämpfe sein allerdings nur ausnahmsweise venös bedingt (besonders bei Ödemneigung), meint dazu der Schweizer Angiologe Prof. Dr. Arnold Kapert. Diese Symptome sollen meist eher neuro-muskulären Ursprungs (Cruralgia orthostatica, radikuläres Reizsyndrom, etc) sein. Vielfach ist eine Verschlimmerung der Phlebalgien prämenstruell, in der warmen Jahreszeit oder nach lokaler Wärmeapplikation (Sonnenbäder) der Grund für einen Arztbesuch. Gar nicht so selten führen hartnäckige venöse Ulzera (etwa eine Million Bundesbürger leidet darunter) oder auch eine Schwangerschaftswarikose die Patienten in die Sprechzimmer.

Frauenvenen sind häufiger, Männervenen meist schwerer erkrankt

„Typisch“ venöse Beinbeschwerden werden generell häufiger von Frauen als von Männern angegeben (1,7:1) für die Varizenbildung von Bedeutung sind neben einer familiären Disposition („Bindegewebsschwäche“, Hernien, Senk-Spreizfuße) unten anderem auch die Zahl der Schwangerschaften sowie eine vorwiegend stehende oder sitzende Berufstätigkeit. Übergewicht soll zwar nicht die Ausbildung, wohl aber eine Verschlechterung vorhandener Varizen bewirken. Wichtigsten Risikofaktor für periphere Venenerkrankungen ist ganz allgemein das höhere Lebensalter. Quantitativ im Vordergrund stehen regressive Gefäßwandveränderungen in Form der primären, anlagebedingten Varikosis. Erste degenerative Veränderungen in den Venen des M. soleus oder des M. gastrocnemius können allerdings schon im 25. bis 30. Lebensjahr auftreten. Den „Münchener Venenstudien“ zufolge hatten bei den unter 50-jährigen 31 % Veränderungen an den Beinvenen, davon nur 5 % mit Krankheitswert. Demgegenüber zeigten bei den über 50-jährigen ganze 70 % Venenveränderungen, davon 24 % mit Krankheitswert.

Freilich können Venen auch bis ins Greisenalter unauffällig bleiben

Neben der großen Gruppe der degenerativ dilatierenden Venenerkrankungen sind die der entzündlich-thrombosierenden Erkrankungen (des oberflächlichen und des tiefsten Systems) sowie die Gruppe der akuten Komplikationen (Lungenembolie) und der Spätfolgen (sekundäre Varizen, chronische Veneninsuffizienz) wichtig. An den Beinen werden vier Venensysteme unterscheiden, deren Differenzierung in der praktischen Phlebologie eine große Rolle spielt. Aufgrund ihrer topographischen Beziehung zu den faciae cruris und femoris sowie auch hämodynamischen Gesichtspunkten werden diese vier venösen Systeme charakterisiert: Extra- und intrafaziales System. Muskelvenen und V.v. perforantes.
Variköse Veränderungen der verschiedenen venösen Abflusssysteme werden nach Lage der Venen im Hautniveau und ihrer Beziehung zur oberflächlichen Faszie benannt: Teleangiektasien und Pinselfiguren, Besenreiservarizen, retikuläre Varizen, Ast- und Stammvarikosis sowie Erweiterungen des intra- und subfazialen Systems. Bei der Untersuchung der (völlig unbedeckten) Beine (und Fuße) zeigen sich sackartige, zylindrische (tubuläre), schlauchförmige, geschlängelte oder knäuelförmige Erweiterungen der subkutanen Venen mit wechselndem Kaliber.

Trendelburgs „Privatkreislauf“ führt zum „blow out“

Liegen Ekzeme oder trophische Störungen der Haut, Zellulitis, Pannikulitis oder arthrotische Veränderungen vor, so sind dies für Phlebologen wichtige zusätzliche Informationen. In etwa 70 Prozent sind die pathologischen Veneveränderungen an beiden Beine zu finden. Bei einseitigem Befund sind häufiger die Venen des linken Beines betroffen (Venensporn). Das die Beine sowohl im Stehen als auch im Liegen untersucht werden müssen, hat gleich mehrere Grunde: Nur so können typische Formen und Komplikationen primäre Varizen differenzieren. Insuffizienzen der Mundungsklappen und der Vv. Perforantes, Fazienlücken, „blow outs“ (das Blut fließt unter relativ hohem Druck aus den tiefen in die oberflächlichen Vene ab, dadurch kommt es zu einer umschriebenen Ausbuchtung der oberflächlichen Vene) nachgewiesen werden.

Krampfadern sind ein Symptom so wie eine Gelbsucht

Beliebte Diagnosen wie „Krampfaderleiden“, „status varikosus“ oder „Variköser Symptomenkomplex“ sollten der Vergangenheit angehören. Zweifellos entsprechen sie nicht den heutigen Forderungen phlebologischer Experten nach einer genau definierten Nomenklatur. Der Bad Nauheimer Phlebologe Prof. Dr. Wolfgang Hach bezeichnet sie deshalb auch als „Faulenzerdiagnosen“. Krampfadern seien nur das Symptom einer Krankheit, sagt Hach. Es dürften nicht einfach Symptome behandelt werden, bevor die Diagnose gestellt ist. Auch bei einer Gelbsucht werde erst therapiert, wenn die Ursache dafür bekannt sei. Der klinische Blick reicht meist nicht aus. Denn Krampfadern können Zeichen einer Insuffizienz der Stamm-, Seitenast- oder auch der tiefen Venen sein und die Therapie ist jeweils völlig unterschiedlich.

Der klinische Blick allein genügt nicht

Wenn aufgrund der Synopsis klinischer Symptome eine Verdachtdiagnose gestellt wird, sollte mit zweckmäßigen Untersuchungsmethoden (Siehe Ausgabe 2/90) der Krankheitsfall abgeklärt und in die Nomenklatur eingeordnet werden. Eine spezifische phlebologische Diagnose muss das betroffene Gefäß und die Art der Krankheit berücksichtigen. In der speziellen Diagnose von Krampfadern sollten die Art der Varikose in den Begriffen Stammvarikose, Seitenvarikose, Perforans- und retikuläre Varikose sowie das erkrankte Gefäß enthalten sein.
Die klinisch bedeutsamste Stammvarikose der V. saphena magna wird ihrem Schwergrad entsprechend in Stadien eingeteilt (Einteilung nach Hach): Diese phlebographisch oder doppler-sonographisch gewonnene Einteilung der Stammvarikosis ermöglicht eine selektive Saphena-Teilresektion. So können die wichtigen Venensegmente für einen später notwendigen Venenbypass erhalten werden.

Venen sind mehr als bloße Leitungsröhren

Pinselfiguren, Besenreiser und retikuläre Varikosis haben hämodynamisch keine Bedeutung. Hämodynamische Auswirkungen und auch klinische Symptomatik einer Stammvarikosis hängen vom Ausmaß der Klappeninsuffizienz (die V. saphena magna hat gewöhnlich 7 Klappen) und einer zusätzlichen Perforansinsuffizienz ab. Im Stadium I und II geben die Patienten üblicherweise keine Beschwerden an. Venöse Hämodynamik und Druckverhältnisse sind nicht relevant verändert. Dagegen können im Stadium III und IV mit Perforanzinsuffizienz phlebographisch oft ausgeprägte Dilatationen der V. poplitea und V. femoralis dargestellt werden.

Stammvarikosis Stadium IV oder „Faulenzerbeine“?

Bei der klinischen Untersuchung hat es der Phlebologe zwar leichter als der Internist: Eine Extremität lässt sich aber meist besser untersuchen, als beispielsweise ein Bauch. Dennoch bleibt der Beginn venöser Erkrankungen für Patient und Arzt oft unbemerkt: „Damit das Ödem bei einer venösen Stauung überhaupt sichtbar wird“, so der Aachener Venenexperten Prof. Dr. Volker Wienert, „muss im Bein schon etwa ein Liter Flüssigkeit eingelagert sein“. Dass die computerunterstützte Venenplethysmographie Volumina nun schon auf den Milliliter genau erfasse, nütze allerdings auch nicht viel; erfahrungsgemäß führt erst ein auffällig geschwollenes Bein oder ein anhaltender Schmerz der Patienten zum Arzt. Bereits durch die Lokalisation der Varizen – das gelänge vor allem bei schlanken Patienten – könne meist schon erkannt werden, welche Venenleiden betroffen seien. Ob es sich aber um primäre oder sekundäre Varizen handelt, könne allein durch den klinischen Blick freilich nicht geklärt werden, gibt Lechner zu bedenken.
Wichtige Ursache einer sekundären Varikosis ist die Thrombose der tiefen Bein- und Beckenvenen. Sekundäre Varizen, Stauungs- oder Kollateralvarizen, sind immer ein schwerwiegendes Symptom. Grundsätzlich sollten sie in der Differentialdiagnose der primären Varikosis bedacht werden. So sind beispielsweise Varizen über dem Mons pubis (präpubische Varizen) ein Zeichen für (ältere) Verschlüsse der Beckenvenen nach Thrombosen. (Sekundäre) Varizen am (Unter-)Bauch weisen auf einen chronischen Verschluss der V. cava inferior hin. Staungsvarizen betreffen meist das gesamte vor dem Abflusshindernis gelegene Venensystem. Beim Stehen kann es dadurch zu sehr unangenehmen Berstungsschmerzen“ in der Waden kommen.

Kollaterale sind präformiert

Venöse Umgehungskreisläufe hatten sich weitgehend an vorgegebene Verbindungen: „Potentielle Kollateralvenen“. Typische Kollateralvenen bei tiefer Beinvenenthrombose sind beispielsweise die V. saphena. An Ober- und Unterschenkel kommen die verschiedenen Perforansvenen für den Kollateralkreislauf in Frage: Die Hunter- und Dodd-Venen proximal und distal an der Oberschenkelinnenseite, die Boyd-Venen (medial unterhalb des Knies) und Cockett-Venen(medial oberhalb des Knöchels). Charakteristisches Zeichen für eine tiefe Abflussstörung ist die Corona Phlebektatika (paraplantaris) der kleinen Verbindungsvenen an den seitlichen Fußrändchen.
Damit sich ein venöser Kollateralkreislauf ausbilden kann, muss ihm ein „paradoxer Kreislauf“ (Klappeninsuffizienz mit Stromumkehr) II. und III. Grades vorausgehen. I. Grades heißt nur, dass das oberflächliche System (Saphenastamm), III. Grades, dass alle Systeme, betroffen sind. Verständlich also, dass zwischen dem Ereignis der akuten Thrombose und dem Auftreten der akuten Thrombose und dem Auftreten der entsprechenden Komplikationen (Postthrombotisches Syndrom, PTS) oft Jahre liegen können. Wichtig für Gutachten: Je peripherer die Thrombose liegt, desto länger ist das symptomarme Intervall.

CVI ist nur ein funktioneller Dachbegriff

In der Praxis ist es bedeutungsvoll, eine blanke, unkomplizierte oder kompensierte Varikosis von Krampfadern zu unterscheiden, die mit Hautveränderungen an den Unterschenkeln und mit Ödemen einhergehen („chronische Veneninsuffizienz“, CVI). Als CVI werden rein deskriptiv die Folgen der venösen Rückstauung an der Haut bezeichnet. Durch eine gestörte venöse Abschöpfung und einen Druckanstieg (venöse Hypertonie) Kommt es bei der CVI besonders an der Innenseite des Unterschenkels zu Hautveränderungen vor allem in Form einer „Siderosklerose“ (Sklerosierung der Haut mit Atrophie und Pigmentverschiebungen). CVI ist eigentlich kein Diagnose, sondern eher ein funktioneller Dachbegriff. Hauptsächlich resultiert die damit gemeinte chronische Rücktransportstörung aus einer (dekompensierten) primären Varikosis und dem postthrombotischen Syndrom. Das Klinische Bild ist hier wie dort gleich und erlaubt deshalb auch keine Differenzierung. Seltener tritt die CVI auf, wenn aufgrund orthopädischer oder neurologischer Ursachen die venöse Gelenk-Muskelpumpe gestört ist oder nicht betätigt wird. Vereinzelt wird sie durch Angiodysplasien, Kompressionssyndrome, arteriovenöse Fisteln oder durch Klappenagenesie verursacht.

DD: CVI, Erysipel oder M. Kaposi

Ödeme und Induration führen zu einem der Leitsymptome der CVI, der Beinschwellung. Weitere venöse Stauungsfolgen sind Dermatosklerose und Hyperpigmentierungen an den distalen Unterschenkeln. Und manchmal auch an den Fußrücken. Während hyperpigmentierte Areale und Platten (Akroangiodermatitis) klinisch und histologisch Ähnlichkeiten mit einem M. Kaposi haben (Pseudo-Kaposi), werden gelegentlich auftretende, schmerzhafte, gerötete und derbe Infiltrale (Hypodermitis) häufig mit einem Erysipel verwechselt.
Die CVI wird nach Schwergraden in vier Stadien eingeteilt: Stadium I: Geringgradiges Ödem und Crona Phlebectatica paraplantaris und /oder retikuläre Varizen distal des Innenknöchels. Stadium II: Ödem, Induration des Epifaszialraumes, Hyperpigmentierung der Haut (Purpura jaune d’ocre), Dermatosklerose, Ekzem, Atrophie blanche. Stadium III: Narbig abgeheiltes Ulkus cruris. Stadium IV: Florides Ulkus cruris. Schwerwiegendste folgen einer PTS sind Stauungsödeme, Stauungsdermatose und Ulkus cruris.
Die Ursache des venösen Ulkus cruris ist nicht in jeder Hinsicht geklärt. Jedenfalls dürfte es sich um ein komplexes und multifaktorielles Geschehen handelt, meint der Tegernseer Venenspezialist Prof. Dr. Markuard Marshall. Neben chronischen venösen Stauungen mit dem Ödem und Störung der Mikrozirkulation soll dabei auch die Schädigung des Lymphgefäßsystems eine wesentliche Rolle spielen. Sekundären Hautveränderungen, die durch schwere Zirkulationsstörungen verursacht werden (Ulzerationen, Atrophie blanche, Pseudosklerödem, Pigmentierungen), ist ihre Prägnanz im klinischen Bild freilich nicht abzusprechen. Dennoch muss nach der Ursache der chronisch-venösen Stauung gesucht werden. In der Diagnose soll das „chronisch-venöse Stauungssyndrom“ immer nur als Ergänzung gedacht sein. Differentialdiagnostisch sollten bei venösen Ulzera cruris, die etwa 90 % aller Ulzera ausmachen, immer auch arterielle, gemischt arteriell-venöse Ulzera und Neoplasien bedacht werden.
An Malignome sollte der Venentherapeut ebenfalls denken, wenn in vorher reizlosen und nicht varikös veränderten Venen typische Entzündungserscheinungen (Rötungen, schmerzhafte Verhärtungen), die oft wandern oder springen können (Phlebitis migrans.saltans), auftreten. Hinter den Symptomen einer Thrombophlebitis kann auch eine Endangitis obliterans (Winiwater-Buerger-Syndrom) stecken.

Tödliche Lungenembolie als klinisches „Erstsymptom“

Ernste venöse Komplikationen sind dem Bein leider oft nicht unmittelbar anzusehen. So treten beispielsweise die bekannten klinischen Zeichen einer akuten Thrombose der tiefen Venen wie Beinschwellung, Anstieg der Temperatur und Pulsfrequenz oder spontane subjektive Schmerzempfindungen oft erst dann in Erscheinung, wenn die Venenthrombose längst ihr gefährliches, emboliefähiges Stadium erreicht hat . „Lieber einmal zuviel phlebographiert, als jahrelang mit falscher Indikation behandelt“, bietet der Phlebologe Hach seine Problemlösung zu diesem Thema an. Tatsächlich hat bei einer Thrombose der tiefen Bein- und Beckenvenen die Lokalisation der Krankheit für die Ausarbeitung des therapeutischen Konzeptes grundlegende Bedeutung: Ein obturiender Thrombus in der V. fibularis erfordert die Behandlung mit Heparin sowie die Mobilisation des Patienten mit Kompressionsverband. Bei einem Verschluss der Vv. Iliacae aber müssen die Fibrinolyse oder die Operation in Betracht gezogen und eine strenge Bettruhe angeordnet werden. Neben der Phlebographie stehen heutzutage allerdings noch eine Reihe nicht-invasiver Methoden für die Abklärung eines Verdachts auf tiefe Venenthrombose (Phlebothrombose) zur Verfügung.
Im Gegensatz zur oberflächlichen Venenentzündung (Thrombophlebitis), die ja sehr eindeutige Symptome macht, ist die Diagnose einer tiefen Beinvenenthrombose (Phlebothrombose) allein nach klinischen Kriterien schwierig und unzuverlässig. Ihre Frühsymptome sind leider wenig eindrucksvoll. Nach Ansicht der Phlebologen weisen auch die mit vielen Eigennamen geschmückten Thrombosezeichen sämtlich nur ein sehr geringe Sensitivität und Spezifität auf. Zudem seien es, vielleicht mit Ausnahme des Payr’schen Zeichens, keine Frühsymptome. Deshalb sind sich die Experten einig: Schon der geringste Verdacht (alle unklaren einseitigen Beinbeschwerden besonders bei Bettlägerigen) sollte eine Indikation zur sofortigen objektiven Klärung darstellen.
Das Vollbild der tiefen Thrombose, die schmerzhafte, diffuse, teigig-weiche bis pralle Schwellung und livide Verfärbung des Unterschenkels oder gesamten Beines bei zusätzlich bestehendem Fieber, gibt manchmal Anlass zur Verwechselung des Krankheitsbildes mit einem Erysipel oder einer Phlegmone. Der bedrohliche Ernst einer Phlebothrombose ist gekennzeichnet durch die mögliche Folge einer großen Lungenembolie und die obligate Folge einer lebenslangen irreparablen Schädigung der tiefen Beinvenen – Wenn die Thrombose vom Hausarzt nicht rechtzeitig erkannt und der Thrombus nicht entfernt oder lysiert wird.
Dr. Sabine von der Borch

Venopathien

  1. Erster Ansprechpartner für Venenkranke ist meist der Hausarzt
  2. Venenleiden sind nicht nur ein Problem der Alten
  3. Venenpatienten kommen (zu) spät zum Arzt
  4. Erst und wichtiger Diagnosehelfer: Anamnese
  5. Muskelkater oder Phlebothrombose, das ist hier die Frage
  6. Beinschmerz ist nicht immer Venenschmerz
  7. "Falsch positive" Beschwerden bei Venengesunden
  8. Bedauerlich: Einen Doppler hat erst jeder dritte Praktiker
  9. USD: Einfach, Billig und Gut
  10. Untersuchungsmethode mit Lerneffekt
  11. Diagnotisches Sorgenkind: Tiefe Thrombose
  12. Invasive Diagnostik schon beim geringsten Verdacht auf Phlebothrombose
  13. In 90 % Spätschäden nach Phlebothrombose
  14. Phlebografie setzt Maßstäbe
  15. Scharfe Konkurenz: Duplex-Sonografie und Phlebographie
Nochmal ein Artikel über Venenkrankheiten von Dr. Sabine von der Broch. In der medizinischen Fachzeitschrift „Haut“ schreibt sie:
Milliardenbeträge werden für Venopathien und ihre Komplikationen ausgegeben. Doch diese Volkskrankheit ist nicht nur kostspielig. Von ihrer Bedrohlichkeit haben bis heute Venenerkrankungen noch immer nichts eingebüßt: Allein in der Bundesrepublik sterben jährlich 25000 Menschen an Lungenembolie nach tiefer Bein- oder Beckenvenen-Thrombose. Mehr Information für phlebologisch tätige Ärzte sowie Hausärzte über Fortschritte in der Diagnostik und Therapie dieser Erkrankungen fordern die Experten.
Nur so könne eine merkbare Verbesserung der Situation Millionen Venenkranker erreicht werden.
Zuviel Unsicherheit gebe es in der Behandlung venöser Erkrankungen, beklagen die Phlebologen. Vielfach würden die Patienten „mit ihrem dicken Bein von einem Arzt zum anderen laufen, weil dieses Leiden gern ein bisschen mit der linken Hand abgetan wird“, so die Erfahrung der Stuttgarter Venenspezialistin Dr. Freya Haid-Fischer. Mängel durch wissenschaftliche Defizite in der Phlebologie seien zwar noch lange nicht alle behoben. Erkenntnisse der letzten Jahren hätten jedoch schon zu vielen erfolgversprechenden Ansätzen geführt: So haben Pathophysiologen beispielsweise festgestellt, dass in der varikösen Venenwand die Aktivität lysosomaler Enzyme gesteigert ist. Diagnoseverfahren wie die Ultraschall-Doppler-Methode werden zunehmend auch in der Praxis angewandt. Für Venenmittel aus Pflanzenextrakten konnte die Wirksamkeit nachgewiesen werden Früher als therapieresistent geltende Beinulzera können heute mit Hilfe chirurgischer Verfahren zur Abheilung gebracht und Thrombosen kann mittlerweile wirksamer vorgebeugt werden. Patienten sollten wirklich nicht mehr meilenweit für einen Phlebologen reisen müssen. Jedes Jahr werden bei uns etwa 2000 Patienten wegen eines Venenleidens vorzeitig berentet und jeder siebter Bundesbürger ist behandlungsbedürftig venenkrank. So jedenfalls ergaben es Hochrechnungen von Daten aus zwei großepidemiologischen Studien, die vor einigen Jahren in Tübingen und München gemacht worden sind.
Als größten Kostenfaktor für die Gesamtwirtschaft in der BRD stellte sich bei Venopathien der Produktionsverlust infolge Arbeitsausfalles heraus: 883 Millionen von rund 2,3 Milliarden Mark beispielsweise im Jahre 1981.

Erster Ansprechpartner für Venenkranke ist meist der Hausarzt

Krampfadern werden oft über lange Zeit toleriert, bevor der Hausarzt um Rat gefragt wird. Aber „nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch bei Ärzten besteht das Vorurteil, dass Krampfadern immer wiederkommen, gleichgültig, wie therapiert wird“, bedauert der Würzburger Dermatologe Prof. Dr. Walter Lechner. Dabei werde die Rezidivfreudigkeit dieser Erkrankungen nicht etwa durch eine imaginäre Bindegewebsschwäche hervorgerufen, sondern sei vor allem das Ergebnis einer insuffizienten, kritiklosen bis rätselhaften Therapie. 76 Prozent der Patienten wenden sich mit ihren venösen Beinbeschwerden zunächst an ihren Hausarzt, 12 Prozent gehen primär zum Orthopäden, 10 Prozent zum Internisten und 2 Prozent zum Hautarzt.

Venenleiden sind nicht nur ein Problem der Alten

Risikofaktor Nummer 1 dafür, dass es zu venösen Erkrankungen kommt, ist das höhere Lebensalter. Doch auch wenn Venenleiden deutlich altersabhängig, sind sie nicht nur ein Problem der Alten. Die bereit zitierten großen „Venenstudien“ berichten davon: Bereits 20 bis 30 Prozent der unter 45 jährigen haben Varizen. Allerdings sind bei ihnen leichtere Formen häufiger, während mit dem Alter der Anteil schwerer Formen zunimmt.
Risikofaktor Nummer 2 ist die erbliche Disposition. Varikosen-Patienten haben etwa doppelt so oft eine positive Familienanamnese wie Venengesunde. Korrelationen bestehen auch zwischen Varikosis und stehender Berufsausübung. Übergewicht ist hingegen genauso wie die Zahl der Geburten kein eigentlicher Risikofaktor. „Mit zunehmender Geburtenzahl wird das Venenleiden zwar schlimmer, aber es wird dadurch nicht ausgelöst“, stellt der Tegernseer Venen-Spezialist Prof. Dr. Markward Marshall fest. Mit der Zahl der individuell vorhandenen Risikofaktoren nimmt die Inzidenz von Stammvarikosen ganz eindeutig zu. Zweifellos können Venen aber auch bis im Greisenalter intakt bleiben.

Venenpatienten kommen (zu) spät zum Arzt

Weil sie noch keine ernsten Beschwerden machen, sind unkomplizierte Varizen, venöse Pinselfiguren oder Besenreiser für die meisten Patienten auch noch kein Grund, zum Arzt zu gehen. Dagegen führen ein postthrombotisches Syndrom (PTS), chronische venöse Insuffizienz (CVI) und Ulkus cruris allein oder in Kombination viele Patienten irgendwann in die phlebologische Sprechstunde. Beschwerden „der Klasse dickes Bein und Krampfadern“ könnten heutzutage abgeklärt werden, ohne den Patienten wesentlich zu belasten, meint Prof. Dr. Wolfgang Hach aus Bad Nauheim. Dafür ständen eine Reihe nichtinvasiver diagnostischer Verfahren zur Verfügung. Experten zufolge können „anhand von Anamnese, Dopplersonografie und einfache Funktionsprüfungen diagnostiziert werden“.

Erst und wichtiger Diagnosehelfer: Anamnese

Anamnetische Informationen gezielt einzuholen ist besonders wichtig. Mit der Frage nach ihrer „venösen Vorgeschichte“ können Patienten meist nicht viel anfangen. Dagegen sind Berichte von „Lungenentzündungen“ während eines stationären Aufenthaltes schon eher richtungsweisend. Gefragt werden sollte auch nach dem Beruf (stehende oder sitzende Tätigkeit, Arbeit in großer Wärme), längere Krankheitslagern, Unfällen, Beinbrüchen, Venenentzündungen, Östrogentherapie, Schwangerschaften, orthopädischen Leiden, Varizen, seit wann, wo schon einmal behandelt, wie, verödet, operiert oder beide. Da für Varikosis, Thrombosen und Lungenembolien erbliche Dispositionen bestehen können (Mangel an Antithrombin III und weiteren antithrombotisch wirkenden Proteinen, wie Plasminogen, Protein C und S), ist in der Familienanamnese danach zu fahnden. Auch die Thrombangiitis obliterans, die mit Phlebitiden einhergehen kann, scheint familiär gehäuft aufzutreten.

Muskelkater oder Phlebothrombose, das ist hier die Frage

Subjektive Beschwerden phlebologischer Patienten sind äußerst variabel, manchmal richtungsweisend, häufig aber auch vieldeutig; Geklagt wird über Schwere- und Spannungsgefühl oder Müdigkeit in den Beine, diffuse ziehende Schmerzen beim Stehen, Parästhesien, Kälte- oder Muskelkater-Gefühle, über abendliches Schwellen des distalen Unterschenkels und Zyanose bis zu krampfartigen Wadenschmerzen. Dumpfe Schmerzen, die im Stehen auftretender zunehmen, bei Bewegung und im Liegen dann wieder abnehmen oder rasch ganz verschwinden, sind typisch für die chronische Veneninsuffizienz bei Varikosis und PTS. Eine Verschlimmerung der Phlebalgien wird vielfach prämenstruell, in den warmen Jahreszeiten oder nach lokaler Wärmeapplikation angegeben. Gar nicht, so sollte es auch ein Ulkus cruris, das nach langem, hartnäckigem Verlauf Patienten mit venösen Beinleiden erst zum Arztbesuch veranlasst. „Ein venöses Ulkus mag noch so groß sein und noch so scheußlich aussehen, es treibt die Kranken oft gar nicht erst zum Arzt, weil es kaum wehtut“, beklagt der Aachener Spezialist Prof. Dr. Volker Wienert eine vielfach beobachtete Indolenz der Patienten. Dieses Verhalten mache die Therapie venöser Erkrankungen freilich nicht unproblematischer, sagt der Inhaber des einzigen bundesdeutschen Lehrstuhls für dermatologische Phlebologie.

Beinschmerz ist nicht immer Venenschmerz

Doch nicht immer ist die „Pein am Bein“ venös bedingt und venenspezifisch. Beinbeschwerden sollten nicht der erstbesten Varize zugeschrieben werden, sondern zu einer sorgfältigen Untersuchung auf nicht venöse Ursachen Anlass geben.
Periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK), Ödeme bei kardialer Insuffizienz, orthopädische, neurologische, rheumatologische, dermatologische sowie Stoffwechsel Veränderungen und sogar psychosomatische Probleme verursachen nicht selten „falsch positive Beschwerden“ bei Venengesunden. Auszuschließen sind auch entzündliche Erkrankungen wie Erysipel, Phlegmone, Bursitis, Tendovaginitis oder Baker-Zysten, ein postthrombotisches Syndrom, ein Aneurysma im Bereich der Arteria poplitea oder ein Muskelriss.

„Falsch positive“ Beschwerden bei Venengesunden

Spannungs-, Schwere- und Schwellungs-Gefühl, „restless legs“ und natürlich Wadenkrämpfe kommen auch bei etwa der Hälfte aller Venengesunden vor. Das ergab eine Analyse der Basler Studie III, bei der 4529 Berufstätige befragt und untersucht wurden.
Ebenso unabdingbar wie die Anamnese ist auch die anschließende gründliche Untersuchung bzw. Inspektion des entkleideten Patienten sowohl im Stehen als auch im Liegen: Im Stehen treten stärker hervor die verschiedenen Formen der Varikose, Zyanose thrombotischer Prozesse, die trophischen Veränderungen und das Ödem der venösen Insuffizienz sowie konkomitierende orthopädische Störungen (Achsenabweichungen, Senk-Spreiz-Füße, etc.). Zu achten ist auch auf Kollateralvenen beispielsweise im Genitalbereich („Spontan-Palma“ nach Oberschenkel- bzw. Beckenvenen-Thrombose). Im Liegen ist nach erneuter Inspektion die Palpation besonders bedeutungsvoll. Eindeutige und beeindruckende Symptomatik bieten dabei meist die vergleichsweise ungefährlichen oberflächlichen Thrombophlebitiden (oder Varikophlebitiden). Charakteristisch gerötete, verhärtete und stark druckschmerzhafte Venenstränge zu. Faszienlücken im Bereich insuffizienter Vv. communicantes, Druckpunkte der akuten Phlebothrombose und die Ausdehnung einer Dermatosklerose sowie subkutaner Indurationen werden bei der Untersuchung im Liegen ebenfalls gut erfasst. Leichtere Ödeme sind durch Dellenbildung nach Fingerdruck von etwa fünf Sekunden Dauer prätibial oder retromalleoläre nachzuweisen.
Wichtig sind vergleichende Umfangsmessungen, Verlauf der Varizen und Lokalisation insuffizienter Vv. communicantes. Diese sind typischerweise medial supramalleolär (Cockett'sche Venen), an der Innenseite des Unterschenkels unterhalb des Knies sowie auf Höhe der Wadenmitte festzustellen. Sie können aber besonders bei PTS und CVI multipel und in regelloser Anordnung nachgewiesen werden.

Bedauerlich: Einen Doppler hat erst jeder dritte Praktiker

Bei der Untersuchung Gefäßkranker kann man sich von „Leitsymptomen“ wie dem Schmerz der Claudicatio intermittens (arterielle Erkrankungen) oder dem Ödem der venösen Stauung lenken lassen. Die weitere Abklärung soll nach der heutigen Tendenz soweit als möglich durch sogenannte nicht invasive, keine Punktion benötigende Methoden erfolgen. Eine definitive Entscheidung, beispielsweise bei der Indikation zu einem chirurgischen Eingriff, wird allerdings häufig erst die Angiografie erbringen. „Erster Schritt in der apparativen Diagnostik von Venenerkrankungen sollte immer die Ultraschall-Doppler (USD)-Untersuchung sein“, ist der Angiologe Marshall überzeugt. Durch die USD-Methode haben einfache klinische Funktionsprüfungen (Turinquet-Tests: Trendelburg, Perthes, Perkussionsversuch) mittlerweile erheblich an Bedeutung verloren. Sie gelten als orientierende Voruntersuchung.
Dass sich derzeit erst etwa jeder dritte Praktiker bei der Venendiagnostik der USD-Methode bedient, halten die Experten (höflich formuliert) zumindest für sehr bedauerlich. Bereits mit recht einfachen(Preiswerten) USD-Gräten können dass tiefe Venensystem untersucht werden. Und das mit großer Treffgenauigkeit . Die Methode ist gefahrlos, zeitaufwendig, leicht zu erlernen und liefert gut reproduzierbare Ergebnisse von hohem Aussagewert. Laut Hach ist das Doppelter-Verfahren bei Venenerkrankungen ein „screening-Test mit einer Sensibilität von über 90 Prozent“. Mit dieser Methode können die Strömungsverhältnisse sowohl im tiefen als auch im oberflächlichen Beinvenensystem erfasst werden.

USD: Einfach, Billig und Gut

Die Dopplersonde sendet Ultraschallwellen einer bestimmten Frequenz aus. Die Wellen werden von vorbeiströmenden Blutbestandteilen (Erythrozyten) reflektiert und ändern dadurch ihre Frequenz: Dieses Phänomen heißt Doppler-Effekt. Aus der Frequenzänderung lässt sich die Geschwindigkeit des Blutes berechnen. Einfache (nicht direktionale) Geräte erfassen nur die Blutströmung. Direktionale Geräte geben darüber hinaus noch die Strömungsrichtung an.
Mit dem Doppler kann der Arzt in der Praxis die Stamm- und Perforanzvarikose feststellen. Auch der distale Insuffizienzpunkt, bis zu dem eine Vene ausgeschaltetwerden muss, kann mit dem Gerät bestimmt werden. Diagnostisch hilfreich sind durch manuelle Kompression provozierte (angehobene) A-Geräusche bei dann verstärkter orthograder Störung. Verschlüsse einzelner tiefer Unterschenkelvenen ausgenommen, lassen sich die tiefe Thrombosen durch die USD-Methode mit 90%-iger Sicherheit nachweisen.
Die in gesunden Venen vorhandene Atemabhängigkeit des Strömungsgeräusches fehlt bei der Thrombose. Über den Kollateralvenen treten spontan hochfrequente Geräusche auf (S-Geräusche). Beim Valsalva-Pressversuch hält die Strömung herzwärts an. Wichtig: Zum Vergleich sollte die Untersuchung immer an beiden Beinen vorgenommen werden. Während intraindividuelle Seitenunterschiede normalerweise gering sind, können interindividuelle dagegen recht groß sein. Freilich muss beim Verdacht auf eine akute tiefe Venenthrombose unbedingt mit der Untersuchung immer auf der erkrankten Seite begonnen werden.

Untersuchungsmethode mit Lerneffekt

Aussagen der USD-Methode werden ganz von de Physiologie und Pathophysiologie bzw. der Beeinflussung der Hämodynamik des Venesystems bestimmt. Dies habe die Konsequenz, dass bei den Medizinern auch das Verhältnis der Venenerkrankungen wesentlich gefördert werde, so Marshall. Weitere Vorteile dieser Untersuchung liegen in ihrer Vielseitigkeit bei optimaler Kosten-Nutzen-Relation. So erlaubt die Methode beispielsweise eine differentialdiagnostische Primärabklärung zwischen akuten arteriellen und venösen Verschluss. Auch die Abgrenzung gegenüber anderweitigen Ödemformen, speziell gegenüber dem Lymphödem, ist mit USD möglich.
Mit der Einführung sehr effektiver aber keineswegs risikoarmer therapeutischer Methoden wieder Fibrinolyse und der rekonstruktiven Gefäßchirurgie stellte sich zwangsläufig die Aufgabe einer differenzierten Diagnose: Bewährte althergebrachte (Anamnese, Untersuchung, einfache funktionelle Tests) und moderne apparative Möglichkeiten (USD-Methoden, Phlebodynamometrie, Lichtreflexions-Rheographie, Phlebographie, DAS, etc.) gehören zum Handwerkzeug des Phlebologen.

Diagnotisches Sorgenkind: Tiefe Thrombose

Tiefe Bein- und Beckenvenen-Thrombosen (Phlebothrombosen) sind trotz aller angiologischen Kunst allerdings nach wie vor diagnostische Sorgenkinder. Zu den diskreten Symptomen gehören beispielsweise Fußsohlenschmerz, flüchtige retromalleoläre Ödeme und das Homann Zeichen (Schmerzen in der Wade bei rascher passiver Dorsalflexion des Fußes bei gestrecktem Bein). Einer Phlebothrombose diagnostisch auf die Spur zu kommen, ist oft Feinarbeit. Allein nach klinischen Kriterien ist die Diagnose schwierig und unzuverlässig. Frühsymptome sind leider wenig eindrucksvoll. Experten zufolge weisen auch die mit vielen Eigennamen titulierten klinischen Thrombosezeichen sämtlich nur eine sehr geringe Sensitivität und Spezifität auf. Zudem seien es, vielleicht mit Ausnahme des Payr’schen Zeichens (Schmerzen bei Druck auf die Innenseite der Fußsohle), keine Frühsymptome.

Invasive Diagnostik schon beim geringsten Verdacht auf Phlebothrombose

Phlebologen sind sich einig: schon der geringste Verdacht auf eine tiefe Thrombose (alle unklaren einseitigen Beinbeschwerden, besonders bei Bettlägerigen) rechtfertigt die Indikation zur sofortigen objektiven Klärung. Besonders postoperativ, im Wochenbett und bei Bettlägerigkeit infolge schwerer Grunderkrankungen, muss auf unklare rheumaartige Kreuzschmerzen, Fieber, Beschwerden in den Beine (eventuell mit Schwellung), Kopfschmerzen, Thoraxschmerzen, Hustenreiz und Bluthusten geachtetwerden. Die Lokalisation des Thrombus durch bildgebende Verfahren (Phlebografie, Duplex-Sonografie) hat grundlegende Bedeutung für das therapeutische Konzept. So erfordert beispielsweise ein obturierender Thrombus in der v. fibularis die Behandlung mit Heparin und die Mobilisation des Patienten, der freilich einen Kompressionsverband tragen muss. Demgegenüber müssen bei einem Verschluss der Vv. Iliacae die Fibrinolyse oder Operation in Betracht gezogen und eine strenge Bettruhe angeordnet werden.

In 90% Spätschäden nach Phlebothrombose

Mögliche Folge einer Phlebothrombose ist zum einen die akute Lungenembolie, die auf lange Sicht Ursache Einer pulmunalen Hypertonie sein kann, wenn sie nicht tödlich ist. Andererseits können sich rezidivierende Thrombosen und eine chronische venöse Insuffizienz (CVI) bilden. Ohne rechtzeitige Diagnostik und konsequente Therapie führen Phlebothrombosen in 90% zu Spätschäden. In 10% bleibt die Rekanalisation vollkommen aus oder kommt zu spät. Nach einer Latenz von 2 bis 30 Jahren entwickeln sich die Symptome einer klinisch manifesten CVI.

Phlebografie setzt Maßstäbe

Die sicherste Methode in der Diagnostik tiefer Thrombosen ist immer noch die Phlebografie. An ihr müssen sich alle anderen Untersuchungsverfahren messen lassen. Vielfach wurde schon versucht, die nicht ganz risikofreie Phlebografie durch die nichtinvasive und beliebig (auch in der Schwangerschaft) wiederholbare Dopplersonografie zu ersetzen. Vorausgesetzt die Thromben verschließen das Gefäß komplett, ist die USD-Methode im Becken- und Oberschenkelbereich problemlos anwendbar. Bei nicht vollständig okklusiven Thromben ist das Verfahren allerdings auch im Oberschenkelbereich mit hohen Fehlerquoten behaftet, so dass es doch nur zur Vorauswahl vor einer Phlebografie angewandt werden kann. Für die Thrombose-Diagnostik von Wadenvenen erscheint die USD-Methode bis her nur wenig geeignet. In der Hand des erfahrenen Untersuchers bleibt hier die Phlebografie die entscheidende klinische Methode mit der höchsten Treffsicherheit.
Für eine risikoarme Venenfunktionsdiagnostik besonders geeignet erscheint Marshall die Kombination der USD-Methode mit der Phlebodynamometrie (periphere Venedruckmessung): Quatitative und gut reproduzierbare Aussagen über die Venenfunktion der unteren Extremität seien damit zu erreichen. Die Phlebodynamometrie ist allerdings für die Frühdiagnostik einer tiefen Thrombose wenig aussagekräftig und darüber hinaus wegen des erforderlichen Bewegungsprogramms nicht zulässig. Plethysmografische Verfahren werden unter Experten vielfach kritisiert. Trotz erheblichen apparativen Aufwandes seien sie nicht sehr zuverlässig oder genau und damit entsprechend schlecht reproduzierbar. Auch intraindividuelle Longitudinalbeobachtungen seien mit diesen Untersuchungen nur eingeschränkt möglich.

Scharfe Konkurrenz : Duplex-Sonografie und Phlebographie

Gefäßchirurgen als „Nutzer“ der bildgebenden Verfahren, scheinen den stark von der Erfahrung des Untersuchers abhängigen USD-Verfahren noch vielfach zu misstrauen. Ein Phlebogramm, das sie selbst besser beurteilen können, ist den meisten Operateuren als Entscheidungsgrundlage lieber. Doch die Angiologen propagieren immer stärker die nicht invasiven Ultraschall-Methoden und erzielen mit den neuen Duplex-Geräten schon sehr gute Ergebnisse. Bei der Duplex-Songrafie wird ein gepulster Doppler mit dem sonografischen B-Mode kombiniert. Das heißt, sie verbindet die Blutströmung mit der morphologischen Untersuchung. Dabei soll die hochauflösende B-Bild-Sonografie eine Thrombose-Altersbestimmung zulassen, die weit über die Möglichkeiten der Phlebografie und Doppler-Songrafie hinausgeht. Duplex-Sonografie in der Praxis ist allerdings noch Zukunftsmusik: Der stattliche Preis der Geräte und die hohen Weiterbildungsanforderungen zusammen mit der großen Erfahrung, die diese Methode braucht, stehen ihrer Verbreitung derzeit noch ganz wesentlich entgegen.
Dr. med. Sabine von der Broch